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Ausflug nach Neuengamme

von Angel Agafonov

Neuengamme war ein ehemaliges Konzentrationslager, das im Laufe der Jahre zu einer wichtigen Gedenkstätte für Angehörige wurde. Aber es war ein sehr langer Weg bis zu dem Punkt, an dem Schüler*innen und Besucher*innen dort die Geschichte nacherleben und lernen konnten.
Wir fuhren aufgrund unseres Geschichtsunterrichts, in dem wir das Thema „Zweiter Weltkrieg“ durchnehmen, nach Neuengamme. Wir waren deshalb ganz erfreut einen Schultag Ausfall zu haben, um „nur“ ein bisschen Geschichte zu erfahren, was nicht bedeutet, dass wir nichts von diesem Ausflug mitgenommen haben.
Wir sammelten uns an unseren Treffpunkt, wo wir abgeholt werden sollten und waren pünktlich. Ich wünschte, unsere Busse wären es auch gewesen.
So standen wir nun im vollen Schneefall, wobei meine und die anderen Klassen zusehen mussten, wie die 9f den einzigen Bus nahm und voller Vorfreude die zweistündige Fahrt antraten.
Aber alles Schlechte hat auch etwas Gutes, sodass wir die Zeit in der Schule verbrachten und uns unterhielten, bis die Busse schließlich um 08:41Uhr ankamen. Zum Glück nur eine halbe Stunde zu spät, was aufgrund des Pinguinkuschelns, wegen der Kälte draußen, annehmbar war.
Um 10:22 Uhr kamen wir nun endlich an. Der erste Eindruck war unerwartet. So manche Klassenkamerad*in war überrascht von der leeren und irgendwie kalt wirkenden Landschaft, was die traurige Geschichte hervorhob, die dieser Ort hinterlassen hat.
Aufgrund des schlechten Wetters wurden wir gleich von unserem Guide ins Trockene geführt. Da erfuhren wir, in vielen Etappen, einen Teil der Geschichte dieses Ortes:
Neuengamme wurde offiziell 1940 eröffnet, um männliche Häftlinge unterzubringen, jedoch wurden bereits 1938 die ersten Gefangenen in dem Lager untergebracht. Bis 1938 war Neuengamme das Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen, bis es selbst zu einem eigenständigen Lager ausgebaut wurde und eigene  Außenlager hinzugebaut wurden. Es waren anfangs ca. 1000 Personen inhaftiert worden, aber dann, als der Krieg immer weiter fortschritt, wurden im letzten halben Jahr (1944) bis zu 14.000 Menschen, darunter auch Frauen (14%) in Neuengamme gefangen gehalten. Diese Zahl blieb konstant bis zur Befreiung am 2. Mai 1945, wo man das Lager leer vorfand, weil die Nationalsozialist*innen das Lager geräumt hatten.
In den Folgejahren wurde Neuengamme als Fußballplatz und als Gefängnis genutzt, sodass viele der Baracken, in denen die Gefangen*innen in der Kälte schlafen mussten, abgerissen wurden. Erst 2005 wurde das Konzentrationslager als Erinnerungsstätte eröffnet. Viele der Personen wurden erst knapp 60 Jahre später angehört und bekamen das Recht, sich mit ihrer Vergangenheit auf dem Gelände Neuengammes auseinanderzusetzen. Wie ich finde, hat es zu lange gedauert.
Ungefähr 100.000 Menschen von 12 bis 55 Jahren wurden über die Jahre in Neuengamme untergebracht, wovon laut Schätzungen über 50.000 Personen durch die unmenschlichen Bedingungen umkamen. 42.900 Tote sind durch Quellen sicher belegt.
Die Inhaftierten wurden von der schweren Arbeit bei Wind und Wetter schnell ausgedörrt, da ihnen weder ausreichend Nahrung noch Wasser zur Verfügung stand. Bezahlt wurden sie für ihre Arbeit nicht, es war Zwangsarbeit. Meist war es auch sinnlose Arbeit zur reinen Schikane und Belustigung der Wächter*innen. Die Strafen waren reine Willkür und hatten genauso wenig Sinn wie die Existenz von solchen Orten. Sie bestanden meist aus verbaler und nonverbaler Gewalt und konnten von den Opfern nicht abgewehrt werden, ohne dass es fatalere Folgen gegeben hätte. Dabei wurden Sinti und Roma, Jüd*innen und dunkelhäutige Personen oft sofort von einem Schießkommando umgebracht. Kinder mussten häufig als Versuchsobjekte dienen.
Die Inhaftierten hatten auf dem Gelände verschiedene Aufgaben, wie unter anderem die Gärtnerei und die Herstellung von Ziegelsteinen. Neuengamme wurde deshalb an einer ehemaligen Klinkerfabrik errichtet. Die meisten Personen hatten in der Fabrik bessere Arbeitsbedingungen, da es, im Gegensatz zu der Arbeit in den Torfgruben, trocken war. Dennoch war auch hier die Arbeit sehr hart.
1942 wurde das Krematorium erbaut, wodurch auch ein weiterer Arbeitsbereich dazukam. Die Gefangenen mussten Verstorbene einäschern und die Asche der Verbrannten in die Gärtnerei oder an die Familien übergeben. Dabei wurde nie die Asche des Verwandten benutzt, sondern ein Mix aus vielen verschiedenen Toten. Dies wurde den Hinterbliebenen aber nicht mitgeteilt, sodass die Hinterbliebenen viel Geld für diese unpersönlichen Urnen und die Asche von fremdem Personen zahlten. Darüber hinaus gab es Berichte darüber, wie die Arbeiter*innen verbrannte Knochen in der Erde der Gärten fanden. Es ist daher zu vermuten, dass die Asche der Toten als Dünger benutzt wurde.
Die Kleider, die sie trugen, waren gestreift und wurden, besonders gegen Ende, nicht gegen neue ausgewechselt. Wenn man Pech hatte, wurde man dafür bestraft, bei der Periode durch den Stoff durchgeblutet zu haben, obwohl man nichts dagegen tun konnte. Auf den Stoff stand nur eine Nummer statt des Namens der inhaftierten Person. Man wurde zu einer Nummer im System.

Die Befreiung verdient einen eigenen Teil in diesem Text. Engländer*innen befreiten das Lager am 3. Mai 1945, doch sie fanden ein leeres Lager vor. Die Nationalsozialist*innen hatte Tage und Wochen zuvor die Inhaftierten eskortiert und transportierten 1945 immer mehr Leute aus dem Lager in andere KZ´s, sodass die britischen Truppen niemanden vorfanden. Die Personen, die nicht rechtzeitig wegtransportiert worden waren, wurden auf sogenannten Todesmärsche zu den KZ-Schiffen „Cap Arcona“ und „Thielbek“ getrieben. Viele starben auf diesen Todesmärschen, doch viele mehr ertranken bei der irrtümlichen Bombardierung der „Cap Arcona“ und „Thielbek“, die von den Alliierten für Truppentransporte gehalten wurden. Mehr als 2/3 der Gefangenen fielen dieser Attacke zum Opfer.

Wenn man mich fragen würde, wie ich diesen Ausflug fand, würde ich Antworten, dass ich keine eindeutige Antwort geben kann. Mir gefiel wie unser Guide uns durch die Geschichte und durch das Wetter geführt hat und uns offenherzig alles beantwortete. Auch die freie Zeit, die wir mit den Geschichten der Überlebenden verbrachten, war zum Teil sehr schön, da wir uns selbstständig durch Namen und Daten wuseln konnten, wobei manche Persönlichkeiten einen Abstecher in die kleine Kantine machten. Doch ich muss gestehen, dass es sich surreal angefühlt hat, auf ein Gelände rumzustreifen, wo viele Menschen gequält und getötet worden waren. Ich konnte oder eher gesagt, wollte es mir nicht vorstellen, wie Menschen dort leben mussten, ohne Rechte, ohne Freiheit und ohne Hoffnung auf etwas Gutes. Ich schätze, das soll eine Art des Selbstschutzes sein. Ich würde jedem, der mehr über das Leben in den Konzentrationslagern erfahren will, diese Art des aktiven Erlebens über das reine Lesen von Lektüren empfehlen. Man sollte sich nur warm einpacken und den Wetterbericht lesen.


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